Rückbildungsgymnastik – ab wann, wie oft und wie lange Kurs besuchen

ab wann, wie lange und wie oft Rückbildungsgymnastik?

Obwohl die meisten frischgebackenen Mütter wirklich andere Sorgen haben, geht es früher oder später darum, den Körper wieder in seine alte Form zu bringen. Vor allem im Bereich Bauch und Becken hat die Schwangerschaft einiges anders hinterlassen, als es sein sollte. Der Beckenboden muss nach der Schwangerschaft gestärkt werden, und das passiert im Rahmen von Sport. Beckenbodengymnastik heißt das, es klingt wenig ansprechend, ist aber durchaus wichtig. Denn wird der durch die Schwangerschaft gedehnte und bei der Geburt oft verletzte Beckenboden nicht langsam wieder aufgebaut, kann es zu einer Harn- und Stuhlinkontinenz kommen. Nicht erschrecken: Das ist normal. Sport beugt dem vor und kann einen schwachen Beckenboden soweit stärken, dass auch bestehende gesundheitliche Probleme auch wieder verschwinden.

Timing – bitte nicht zu früh anfangen!

Manchmal müssen Hebammen Frauen richtiggehend bremsen: Die würden gerne wenige Tage nach der Geburt schon wieder anfangen, dem gewohnten Sport nachzugehen. Ganz so einfach ist es nicht. Bevor der Körper Joggen, Rumba oder Step-Aerobic verträgt, muss sich die Muskulatur von der Schwangerschaft erholen.

Was passiert da eigentlich?

Der Beckenboden besteht aus mehreren Muskelschichten, die im unteren Bauchraum verlaufen. Du kannst Dir die verschiedenen Lagen wie eine Hängematte vorstellen, die zwischen Bauchnabel und den hinteren Rippen beziehungsweise dem Rücken aufgespannt ist. Wie ein Netz, das alle inneren Organe festhält, schließen die flächig verlaufenden Muskeln den Bauchraum nach unten ab. Sie halten sowohl die Gebärmutter als auch Verdauungs- und Ausscheidungsorgane an ihrem Platz.

In der Schwangerschaft wurden die Organe im Bauch an die Ränder gedrängt. Sie mussten langsam, aber sicher der Gebärmutter und Deinem Baby Platz machen. Die Gebärmutter wurde dabei nicht nur größer, sondern auch schwerer. Sie drückte Darm und Blase auf die Seite, drückte den Magen nach oben, verschob Nieren und andere Organe. Und das steigende Gewicht Deines Bauchs musste vom Beckenboden getragen werden. Die Muskulatur ist dabei nicht nur stärker geworden, sondern wurde auch gedehnt. Denn die Gebärmutter ist in der späten Schwangerschaft etwas nach unten gesackt, das Baby „hat sich gesetzt“. Der Beckenboden musste nachgeben, um das zu ermöglichen. Dabei sind die Muskelschichten gewachsen, so dass die Hängematte (um zum vorherigen Bild zurückzukehren) einfach etwas weiter nach unten durchhängen konnte.

Bei der Geburt muss der Beckenboden noch einmal nachgeben. Er muss das Baby durch den Geburtskanal lassen. Die Scheidenmuskulatur gehört zum Beckenboden dazu, denn auch sie stützt den Bauchraum von unten. Bei einer vaginalen Geburt wird der Beckenboden etwas geöffnet und in eine andere Richtung gedehnt.

Ist Dein Baby auf der Welt, kann sich die Muskulatur natürlich nicht sofort einfach wieder zusammenziehen. Du solltest Dich nach der Geburt erst einmal nur vorsichtig bewegen, denn Deine Organe im Bauchraum müssen erst langsam an ihre gewohnte Position zurückfinden. Und sie müssen von der Muskulatur dort gehalten werden.

Rückbildungsgymnastik ist schon im Wochenbett möglich

Du kannst natürlich schon die ersten einfachen Übungen im Wochenbett machen. Damit regst Du den Beckenboden an, sich langsam wieder in seine alte Form zu begeben. Die Muskellagen müssen sich wieder zusammenziehen, die Hängematte muss etwas strammer werden und sollte wieder weiter oben hängen. Außerdem sollte sie sich schließen, immerhin muss da erstmal nicht noch ein Baby durch. In den ersten Tagen nach der Geburt lässt Du es bitte langsam angehen. Dein Körper hat genug damit zu tun, die hormonelle Umstellung zu verkraften und sich auf „nicht mehr schwanger“ und das Stillen umzustellen. Außerdem muss er die Strapazen der Geburt verkraften. Auch wenn Du keine Geburtsverletzungen hattest, sind die Energiespeicher erst einmal leer, die Muskulatur ist an der Belastungsgrenze gewesen.

Am Ende der ersten Woche nach der Geburt (gemeint sind sieben Tage, nicht der nächste Samstag im Kalender) darfst Du vorsichtig tasten, ob Du Deinen Beckenboden fühlst. Das machst Du im Liegen. Versuch einfach mal ganz sacht, die beiden Knubbel in den Pobacken zusammen zu bringen. Auch wenn die sich nicht wirklich bewegen, spannst Du in diesem Moment Muskulatur an, die zum Beckenboden gehört. Das ist eine der ersten Übungen im Rückbildungskurs. Auch die Bewegung, wenn Du beim Urinieren den Harnstrahl kurz unterbrichst, gehört zur Rückbildungsgymnastik. Mit dieser Bewegung sprichst Du andere Muskeln an, die aber genauso zum Beckenboden gehören.

Rückbildungskurs erst nach vier bis sechs Wochen

Einen kompletten Rückbildungskurs bei einer Hebamme oder Physiotherapeutin solltest Du nach einer vaginalen Geburt nicht so schnell besuchen. Das wird Dir Deine Hebamme auch sagen. Denn bis Deine Muskulatur so weit gefestigt ist, dass sie gestärkt werden kann, braucht einfach Zeit. Der Rückbildungskurs ist also so in etwa vier bis sechs Wochen nach der Geburt angesagt. Zu spät solltest Du den Rückbildungskurs auch nicht machen, denn ein starker Beckenboden ist immer wichtig.

Der Rückbildungskurs spricht nicht nur den Beckenboden an, sondern auch die Bauchmuskulatur. Wenn Du vor Deiner Schwangerschaft etwas athletischer warst, kanntest Du Deine Bauchdecke vermutlich als eine geschlossene, starke Schicht zwischen den Rippen und den Hüftknochen. Nach der Geburt wirst Du etwa auf der Höhe des Bauchnabels eine Ritze bemerken. Deine Bauchmuskeln, und zwar die gerade verlaufenden, haben sich während der Schwangerschaft in der Mitte geöffnet, um Platz für den Babybauch zu schaffen. Bevor Du Dir das gewohnte Waschbrett wieder antrainierst, musst Du langsam und vorsichtig diese Ritze schließen. Deshalb ist nach der Geburt erst einmal Waschbär statt Waschbrett angesagt. Auch die frühen Übungen der Rückbildungsgymnastik stärken nicht die geraden Bauchmuskeln. Ein guter Rückbildungskurs wird immer zuerst die schrägen Bauchmuskeln stärken.

Sectio – und jetzt?

Nach einem Kaiserschnitt solltest Du wenigstens sechs, aber besser acht Wochen warten, bevor Du einen Rückbildungskurs besuchst. Denn Dein Körper braucht aufgrund der Verletzungen länger, um zu heilen. Aber auch nach einer Sectio kannst Du schon früher vorsichtig einzelne Übungen machen.

Wie oft und lange was üben?

Es gibt kein Erfolgsrezept, wie oft Du Rückbildungsgymnastik machen solltest. Deine Muskulatur wird aber generell stärker und zuverlässiger, wenn Du sie im Alltag gebrauchst. Du kennst das, wenn Du einmal eine neue Sportart erlernt hast: Einmal die Woche trainieren reicht einfach nicht aus. Das ist bei der Rückbildungsgymnastik ähnlich. Du solltest die einzelnen Übungen in den Alltag einbauen, morgens, mittags, abends oder zwischendurch ein bisschen sporteln. Allerdings darfst Du es nicht übertreiben: Dein Körper braucht vor allem am Anfang mehr Schonung als Sport.

Ebenfalls wichtig: Wenn Du Mehrlinge geboren hast, war Dein Körper stärker beansprucht. Gib ihm mehr Zeit. Sprich mit Deiner Hebamme ab, was Du Dir wann zumuten kannst. Und nach dem zweiten, dritten, vierten oder fünften Kind ist der Körper im Normalfall noch weiter „aus dem Leim“ geraten als bei dem ersten Kind. Die Rückbildungsgymnastik darf etwas später anfangen, und vermutlich wirst Du auch länger brauchen, um zu Deiner alten Form zurück zu finden.

Rückbildungskurs ist oft zu anspruchsvoll

In einem Rückbildungskurs muss die Hebamme oder die Physiotherapeutin auf viele Frauen eingehen. Jede hat etwas andere Anliegen, einen anderen Körperbau, andere Geburtsverletzungen und eine andere Anzahl Kinder. Da ist es schwer, die Übungen zu finden, von denen wirklich alle profitieren. Für den Einstieg in die Rückbildungsgymnastik kannst Du Dir von Deiner Hebamme Übungen für zu Hause zeigen lassen. Ein Rückbildungskurs online ergänzt die Übungen sinnvoll. Denn die Videotutorials helfen Dir, die Übungen richtig durchzuführen, auch wenn Deine Hebamme gerade nicht neben Dir steht.

FAQ-Sektion

Ab wann macht Rückbildungsgymnastik Sinn?

Die ersten Übungen der Rückbildungsgymnastik kannst du schon im Wochenbett machen. Allerdings geht es jetzt noch nicht um die Stärkung der Muskulatur, sondern nur um eine vorsichtige Aktivierung und um das Bewusstsein.

Ab wann soll ein Rückbildungskurs besucht werden?

Den Rückbildungskurs außer Haus solltest Du, abhängig von der Art der Geburt und davon, wie viele Kinder Du hast, zwischen der vierten und zehnten Woche nach der Geburt besuchen. Das ist ein recht großes Zeitfenster. Denn ob Dir der Rückbildungskurs etwas bringt, hängt von vielen Faktoren ab. Sinnvoll ist es auf jeden Fall, einen Rückbildungskurs online zusätzlich oder statt einem Kurs mit persönlicher personeller Betreuung zu machen. Denn der ist unabhängig von den Fütterungszeiten Deines Babys, den Schulzeiten Deines großen Kindes und anderen terminlichen Verpflichtungen.

Wann soll ich mich zur Rückbildungsgymnastik anmelden?

Wenn Du Rückbildungsgymnastik in einem Kurs mit anderen Frauen bei einer Therapeutin machen willst, hat das Vorteile: Du bekommst eine genaue Anleitung und Feedback, ob Du die Übungen richtig machst. Außerdem kannst Du oft Dein Baby mitnehmen, bei vielen Teilnehmenden ist immer für die ein oder andere Art von Betreuung gesorgt. Allerdings ist der Rückbildungskurs oft schnell ausgebucht. Melde Dich zu einem Kurs online an, wann immer Du willst und es Dir passt. Hier gibt es keine Teilnehmerbeschränkung.

Quellen und Ressourcen

Rückbildungsgymnastik

Die Hebammen in Siegen haben ganz gut zusammengefasst, warum Rückbildungsgymnastik sinnvoll ist und was Du dazu alles wissen solltest.

https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-402012/zeit-der-rueckbildung-und-neufindung/

Der Fachartikel ist verständlich geschrieben und beleuchtet die biochemischen und anatomischen Hintergründe sehr gut.

Fazit – Rückbildungsgymnastik zu Hause – Deine Vorteile

Rückbildungsgymnastik sollte zwar angeleitet werden, damit Du die Übungen auch richtig machst und wirklich verstehst. Aber es reicht aus, wenn Dir Deine Hebamme das ein- oder zweimal zeigt. Denn wirklich schwer sind die Übungen nicht. Wichtig ist, dass Du bei der Rückbildungsgymnastik am Ball bleibst. Du solltest nicht nach dem üblicherweise zwei Monate laufenden Kurs aufhören, Deine Muskulatur zu trainieren. Und hier kommt die Rückbildungsgymnastik online ins Spiel: Der Kurs bietet Dir viel Anregung, und zwar zeitlich unbegrenzt. Für einen starken Beckenboden, der Dich durchs Leben trägt.

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